Made in Argentina #3: Asado

Um noch einmal alle original-argentinischen Exporte zusammenzufassen habe ich beschlossen eine komplett neue Kategorie anzulegen: Made in Argentina, mit allem wofür Argentinien in der Welt berühmt ist und berühmt sein sollte.

Artikel Nummer Drei: Fleisch und Asado

In Argentinien kann man gut essen. Das ist nun mal Tatsache. Jeder kennt denke ich (oder hat zumindest schon einmal davon gehört) das klassische Argentinische Asado. In Wahrheit ist das also so: Egal wieso du nach Argentinien kommst, du kehrst danach mit ein paar Kilo mehr zurück, und so will ich natürlich auch auf das traditionell argentinische essen eingehen.

Essen in Argentinien heißt vor allen Dingen eines: Fleisch. Um das Thema etwas zu teilen, geht es mir deswegen dieses Mal nur um das argentinische Fleisch und seine Hauptanwendung: Das Asado

Asado ist gar nicht so schwer wie man vielleicht denkt. Zuerst einmal errichtet man aus einer Hand voll Feuerholz und Zeitungen einen quadratischen Turm, damit sich das Feuer auch gut und gleichmäßig verbreiten kann. Sobald ein Großteil des Stapels zu glühenden Kohlen zerfallen ist, wird das Fleisch (siehe unten) auf den vorher vorbereiteten und sauberen Grillrost gelegt und mit den Kohlen gleichmäßig erhitzt. Das Fleisch wird dabei regelmäßig gesalzen, um die Feuchtigkeit zu bekämpfen und den Geschmack zu verstärken während man die ganze Zeit das nahe gelegene Feuer mit neuem Brennstoff versorgt, damit man immer eine bestimmte Anzahl von Kohlen für das Fleisch nachlegen kann. Nach einiger Zeit muss das Fleisch natürlich gewendet werden. Das Ganze ist fertig sobald das Fleisch eine gesunden grau-braunen, fast schwarzen, Ton besitzt und komplett durch ist.

Seit je her wird im ganzen Land Asado nach eben dieser Technik zubereitet. Die einzige (mögliche) Änderung die der „asador“ (der Gastgeber und Koch) vornehmen kann, ist die Zusammenstellung der Zutaten. Je nach Region, Familie oder einfach nur Geschmack verwendet man Hühnchen, Ziege, Schweinswurst (das sogenannte chorizo-ähnlich wie eine Bratwurst, bloß kürzer, dicker und grober), Blutwurst, Truthahn, Lama, Kaninchen, Hase, (selten) Fisch etc. aber vor allem IMMER Rinderfleisch, dabei meistens Filet und Rippen. Das Resultat ist fast immer ein wahnsinnig leckeres Mittagessen. Man muss in der Hinsicht echt bestätigen, das argentinisches Asado eine der leckersten Arten ist, Fleisch zu essen.

Argentinien ist wenn es um Rinder geht eine verdammt sparsame Nation. Im Gegensatz zu anderen Länder wird hier, schon allein aus Tradition, ALLES was das Rind hergibt verwendet, von den Hörnern bis zum letzten Stück des Schwanzes. Haut, Haare, Knochen und Horn werden bekanntermaßen industriell und für Kleider benutzt, das „gute“ Fleisch geht für alle möglichen Gerichte an den Feiertagen verwendet und der Rest….ja, was passiert mit den ganzen Organen? Kreativ wie die Argentinier bei so etwas nun mal sind, gibt es für jedes Organ, das dazu passende Gericht. Dazu über einen meiner „normalen“ Sonntage im Haus meines Großvaters:

Es ist ein relativ gemäßigter Mittag im Frühsommer, als wir mal wieder bei meinem Großvater für ein Asado vorbeischauen. Ich betrete das Haus als einer der ersten und begrüße sofort meinen Großvater, der am Küchentisch sitzt und ein Schmalzbrot isst. Nach einiger Zeit bietet er mir auch ein bisschen an, und ich will natürlich nicht blöd dastehen und greife Ahnungslos zu dem vor mir liegenden Brot. Die ganze Situation wird etwas unschön als sich der Belag als eine fast geschmackslose, geleeartige Substanz herausstellet und – ich darf das hier denke ich sagen – alles in allem verdammt eklig schmeckt. Ich reiße mich aber zusammen, lächle, und sage das das zwar anders, aber nicht allzu schlecht schmeckt und verziehe mich so schnell wie möglich bevor man mir mehr andrehen kann. Als mir dann später beim mittagsessen erzählt wird, das es sich bei dem vermeintlichen Schmalz um das rohe Gehirn einer vor drei Stunden verstorbenen Kuh des Nachbarn handelt, kommt mir das Frühstück fast wieder hoch. Seitdem habe ich nie wieder ohne nachzufragen Essen von Argentiniern angenommen.

Seitdem ist es wie als wäre ich in eine neue Welt eingetreten. Ich habe mich in Deutschland ja schon immer vor Ochsenzungen etc. geekelt, aber das was sich teilweise hier abspielt ist kein vergleich. Ziegennieren, die Genitalen eines Kaninchens, Rindernase und so weiter werden mir von einem Tag auf den anderen angeboten. Eines schlimmer als das andere, auch wenn ich hin und wieder überrascht werde. In diesem Sinne sind Argentinier echte Allesfresser, es tut sich kaum ein Tabu für sie auf wie folgendes Erlebnis zeigt.

carniceria bryan

Ein typischer Metzgerei-Stand in Argentinien

Bei einem „normalen“ Wochenendeinkauf von Asado mussten wir (Mein Vater, Bruder und ich) in den hinteren Bereich einer Metzgerei vordringen, da an der Theke gerade eben die Rinderrippen ausgegangen waren. Während einer der angestellten also meinem Vater das Fleisch zeigte, fiel mir ein etwas weiter entferntes, ziemlich kleines und rosafarbenes Fleischstück auf. Um mein Wissen etwas zu verbessern, fragte ich also einfach einen nahen Arbeiter, um welchen Teil der Kuh es sich den dort handle. Die Konversation war kurz und knapp, aber verdammt verwirrend:

Metzgerangestellter: „Ah, das ist ein ungeborenes Kalb.“
Ich: „Ah. Aber wieso?“
Metzger: „Ja, man tötet die schwangere Kuh und entnimmt ihr dann halt eben das tote Kalb. Das ist sehr zart hat nur ein leichtes Aroma und schmeckt wunderbar.“
Ich: (schockiert) „Also man schneidet dann einfach so die schwangere Kuh auf und nimmt das Kalb mit?“
Metzger: „Ja nee, die Kuh wird auch weiterverarbeitet“ (er weist auf diverse verarbeitungsstellen im Raum wo man Kühe in immer kleineren Teilen beobachten kann)
Ich: (etwas gefasster) „Achso, ja, klar. Danke“ (mein Vater kommt zum Glück gerade zurück und ich verlasse diesen Ort des Schreckens)

Ich hätte mir so etwas in der Art nie vorgestellt. In solchen Momenten merke ich doch wieder stark dass ich von einer anderen Kultur umgeben bin.

Ich melde mich bald wieder, solang mich mein kannibalistisches Umfeld nicht auffrisst. Beim nächsten Mal dann über alle süßen argentinischen Versuchungen. Bis Dann

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